Weiße Hemden, graue Westen, Hosenträger, Bärte und viele Tattoos: Die Barber-Szene, die sich jüngst bei den "German Barber Awards" im Nürnberger Messezentrum getroffen hat, fällt schon von Weitem auf durch ihre Mischung aus Fünfzigerjahremode und bewussten Stilbrüchen. "Es gibt nicht nur einen Style", erklärt Barbier Thorsten Staudt aus Nürnberg. In der Szene verbänden sich unterschiedliche Kulturen und Stile.
Den typischen Bartträger darf man sich also nicht nur mit derben Boots und zerrissenen Jeans vorstellen. "Der Bart ist das einfachste Mittel für eine Typveränderung und wird deshalb nie ganz verschwinden", glaubt Micha Birkhofer, der die "German Barber Awards" 2015 ins Leben gerufen hat. Er ist selbst Fachhändler für Barbier-Bedarf und will den Könnern der Zunft mit dem Wettbewerb eine Bühne bieten.
Die nutzte in diesem Jahr Sezer Soylu aus Augsburg am besten. Von einer internationalen Jury wurde er zum besten Barbier Deutschlands gekürt. Der 39-Jährige setzte sich gegen insgesamt 14 Konkurrenten durch, darunter auch eine Frau. Der Bart-Experte war nach seinem Sieg in den Kategorien Bart-Styling, Nassrasur mit dem Messer und klassische Männerhaarschnitte überglücklich: "Ich bin einfach überwältigt und dankbar und kann es noch gar nicht fassen."
Die Zeiten, in denen Männer alle drei Monate zum Friseur gehen, mit dem Wunsch, einfach die Haare zu kürzen, sind vorbei. Heute werde etwa um halbe Millimeter verhandelt und großer Wert auf akkurate Schnitte gelegt, sagt Barbier Thorsten Staudt. Auch gepflegte Bärte werden immer wichtiger. Viele Männer fühlen sich da in einem klassischen Damen- und Herrensalon nicht richtig aufgehoben.
Doch es geht nicht nur um perfekt gestutztes Gesichtshaar. Barbershops seien willkommene Rückzugsorte, wo Männer unter sich sein, Bier oder Whisky trinken und etwas für ihr Aussehen tun könnten, berichtet Wettbewerbsteilnehmer Giuseppe Rizza aus Niederstetten. Vergangenes Jahr hat der Baden-Württemberger neben seinem eingesessenen Friseurgeschäft einen Barbershop in dem 5000-Einwohner-Städtchen eröffnet.
Rund 500 Barbershops in Deutschland
Auf 400 bis 500 schätzt Wettbewerbsveranstalter Micha Birkhofer die Zahl der Barbershops in Deutschland. Vor einem Jahr seien es noch rund 250 gewesen. Der Trend hat für Birkhofer einen simplen Grund: "Der Kunde Mann ist wieder anspruchsvoller geworden. Er ist es leid, im Friseursalon zwischen Strähnchen und Farbe für weibliche Kunden reingeschoben zu werden."
Als eine Männerdomäne sieht Birkhofer das Handwerk, für das es keine eigene Ausbildung gibt, aber nicht. Es gebe auch etliche Frauen, die erfolgreich Barbershops führten und sich als Friseurinnen in Seminaren entsprechend weitergebildet hätten. Ihr Können vor großem Publikum und einer Jury zu präsentieren, trauten sich aber die wenigsten. So seien unter den über 100 Bewerbern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gerade mal zwei Barbierinnen gewesen.
Eine von ihnen ist Jessyca Hartsoe aus dem baden-württembergischen Waghäusel. "Ich liebe die Fünfziger und Rockabilly und deshalb liegen mir auch diese Schnitte", erklärt die Friseurin. Warum sie bei den German Barber Awards antritt? "Wegen des Hypes machen wir es nicht", betont die blondhaarige Frau mit den auffälligen Tätowierungen an Armen, Hals und Beinen. "Wir wollen zeigen, dass sich auch die Frauen durchboxen können."
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